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Bon Om Tuk
von Julia Andre
Wenn Anfang November die Regenzeit zu Ende geht und der weltweit einzige Fluss, der in zwei Richtungen fließen kann, seine Fließrichtung ändert, dann wird wieder ausgelassen gefeiert in Kambodscha. Es ist die Zeit des Wasserfestes ‚Bon Om Tuk’. Die Kambodschaner erfreuen sich dabei am Wasser als lebenspendende Ressource. Das Fest, das es bereits seit dem 13. Jahrhundert gibt, läutet seit jeher die Fischsaison ein und soll die Flussgeister milde stimmen.
Wie mag es sich anfühlen, wenn nach fünf langen Monaten voller Regen und tropisch heißer Dampfigkeit endlich die Zeit gekommen ist, in der die Luft wieder kühler und klarer wird und der Regen nur noch gelegentlich vorbeischaut? Vermutlich ist es ähnlich dem Gefühl, das sich bei uns einstellt, wenn wir nach endlos kalten Wintertagen die ersten Frühlingsboten begrüßen dürfen. Wenn wir daran denken, wie es ist, wenn die Sonne zum ersten Mal wieder unsere Nasenspitze wärmt und es nach dem ersten Grün duftet – dann können wir nachempfinden, warum in Kambodscha dieser Tage ein großes Fest gefeiert wird.
Der Tonle Sap ist der einzige Fluss weltweit, der seine Fließrichtung ändert. Aber wie kommt es zu diesem Phänomen? Durch die Schneeschmelze im Frühjahr im Himalaya und auch die kambodschanische Regenzeit schwillt der Mekong auf seinem etwa 5000 Kilometer langen Weg so stark an, dass die Wassermassen in den Tonle Sap-See drücken. Das sorgt schließlich dafür, dass der gleichnamige Fluss gen Norden fließt.
Drei volle Tage dauern die Festlichkeiten mit denen die Einheimischen der Lebensader des Landes – dem majestätischen Mekong – wieder zurückgeben möchten, was sie von ihm bekommen haben. In Phnom Penh kommt man zusammen. Aus allen Teilen des Landes reisen die Kambodschaner in die Hauptstadt. Hier, wo der Mekong sich teilt und der eine Arm als Tonle Sap Fluss in den gleichnamigen See führt. Zumindest während der Regenzeit. Dieser Tage ändert er seine Richtung – fließt aus dem See wieder zurück zum Mekong.
Die Kinder haben schulfrei; das geschäftliche Leben macht eine Pause. Am Sisowath Quay werden kulinarische Spezialitäten aus allen Teilen des Landes feilgeboten: Gegrillter Fisch in Salat- oder Spinatblätter gewickelt, verfeinert mit Minze, Zitronenmelisse und Koriander. Dazu eine unglaubliche Vielfalt an Suppen, Reisnudelgerichten und natürlich dem allgegenwärtigen Reis. Als kleiner Snack zwischendurch dienen frittierte Heuschrecken, Käfer und allerlei anderes Getier. Man picknickt in der ganzen Stadt und abends wird zu den Klängen traditioneller Musik getanzt.
Krönender Abschluss und Höhepunkt der Feierlichkeiten ist das große Langbootrennen. Hunderte, aufwendig geschmückte Boote wetteifern um die ersten Plätze. Ziel ist der Königspalast, wo der Tonle Sap nun wieder in den Mekong mündet. Man sichert sich die besten Plätze für das Rennen und bewundert die Parade der Prunkboote des Königs. Und nach Einbruch der Dunkelheit? Da erhellt ein prächtig illuminiertes Feuerwerk den Nachthimmel über der Stadt.